Ohne Wind keine Wurzeln: Eine etwas andere Sicht auf Prüfungsstress

Gianina Wallner
Gianina Wallner
Drei Studierende sitzen auf einer Betonbank in einem Glashaus

KI-generiertes Bild (OpenAI DALL·E)

Lesezeit max. 4 Min.

Was hat Prüfungsstress mit Bäumen im Glashaus zu tun? Mehr, als du denkst. Er kann nämlich auch ein Motor für dein persönliches Wachstum sein. Erfahre mehr hier...

 

Es ist soweit: Die Bachelor- oder Masterprüfungen stehen vor der Tür. Der Kalender ist voll mit Prüfungsterminen, der Kopf raucht, und manchmal fühlt es sich an, als würde der Boden unter den Füßen ein wenig wackeln.

Wenn du dich gerade so fühlst – du bist nicht allein. Und noch wichtiger: Das ist okay. Warum das sogar richtig gut ist, veranschaulicht das Biosphäre 2 Experiment.

 

Was Bäume und du gemeinsam haben (kein Witz)

In einem riesigen Glashaus mitten in der Wüste von Arizona versuchten Forscher*innen in den 1990er Jahren, eine perfekte Mini-Erde nachzubauen. Sie wollten herausfinden, wie und ob Menschen in einer geschlossenen, perfekten Umgebung leben könnten. Die Anlage enthielt verschiedene Biome: Regenwald, Ozean, Wüste, Mangrovensumpf, Savanne und eine Landwirtschaftszone. Es gab dort saubere, gefilterte Luft, gereinigtes Wasser, bestes Licht – ein künstliches Paradies. Zahlreiche Pflanzen entwickelten sich prächtig. Unter ihnen wuchsen auch Bäume, viel schneller als draußen in der freien Natur. Doch dann passierte etwas Unerwartetes:

 

Die hohen Bäume fielen plötzlich um.

Nicht, weil sie krank waren.

Sondern weil sie keinen Wind kannten.
 


Ohne Wind konnten ihre Wurzeln keine Kraft entwickeln. In der freien Natur sind Bäume immer wieder Windböen und sogar heftigen Stürmen ausgesetzt. Genau diese Widerstände zwingen sie dazu, sich tief im Boden zu verankern – und machen sie stark genug, um selbst raue Zeiten zu überstehen.

 

Prüfungszeit = Windzeit

Und genau darin liegt die Verbindung zu dir. Der Stress, den du in der Prüfungsphase gerade spürst – der Druck, das Kribbeln im Bauch, das ständige „Hoffentlich schaffe ich das“ – das ist dein Wind. Es ist anstrengend, ja. Nervenaufreibend, oft. Aber es ist auch genau das, was dich stärker macht, dich starke Wurzeln für deine Zukunft entwickeln lässt.

 

In unserer „busy ist das neue cool“-Gesellschaft gilt Stress als etwas, das wir möglichst verstecken oder wegatmen sollen. Kaum jemand spricht über ihn, ohne an Überforderung, Druck oder sogar Burnout zu denken. Aber hier ist der Twist: Nicht jeder Stress ist schlecht. Es gibt eine andere Seite des Stresses – eine, die uns stärkt, antreibt und manchmal sogar glücklich macht. Diese Art von Stress nennt man Eustress. Das ist eine Form von Stress, die positiv wirkt – im Gegensatz zum Distress, der als belastend empfunden wird. Er zeigt dir: Da ist etwas, das mir wichtig ist. Etwas, für das es sich lohnt, Zeit und Energie aufzubringen. Und genau deshalb wächst du daran.

 

Im privaten Leben zeigt sich Eustress in vielen schönen, aber fordernden Momenten: bei der Planung einer Hochzeit, beim Umzug in eine neue Stadt oder sogar beim „Elternwerden“. Es sind große Veränderungen, die viel Organisation und Energie erfordern – aber sie sind mit positiven Gefühlen verbunden: Neugier, Begeisterung, Freude.

 

Seien wir ehrlich: Niemand wächst in der Komfortzone.

Du schaffst das nicht trotz des Stresses – sondern auch wegen ihm. Die richtig prägenden Erfahrungen machen wir, wenn wir uns etwas zutrauen, auch wenn wir uns wackelig dabei fühlen. Wenn wir nicht aufgeben, obwohl es gerade schwerfällt. Und wenn wir am Ende feststellen: Wow. Ich habe das wirklich geschafft.

 

Was dir jetzt helfen kann:

  • Mach dir bewusst, wofür du das tust. Diese Prüfung ist nicht das Ziel. Sie ist ein Sprungbrett. Ein Schritt in dein nächstes Kapitel.
  • Plane realistisch. Du musst nicht alles auf einmal schaffen. Kleine Schritte. Realistische To-Dos. Und ja – Pausen sind nicht optional. Sie sind Power-Reboot-Zeit.
  • Kümmere dich um deinen Energietank. Schlaf, Bewegung, Sonne, frische Luft – das ist kein Luxus. Das ist deine Überlebensstrategie.
  • Sorge für Nervennahrung. Du brauchst Energie, keine Chips aus der Tüte. Wasser, Vitamine, nahrhaftes Essen. Und zwar bewusst, nicht im Multitasking-Modus.
  • Sprich mit anderen. Du bist nicht alleine in dieser Situation. Deine Kolleg*innen fühlen gerade dasselbe. Sich darüber auszutauschen nimmt oft schon den größten Druck heraus.

 

Du hast diesen Wind zwar nicht bestellt, aber du kannst entscheiden, was du daraus machst. Spür ihn. Bleib stehen. Atme tief durch. Wachse. Denn, was dich heute aus der Bahn wirft, ist morgen das Fundament für dein Selbstvertrauen.

 

Wir wünschen all unseren Prüflingen viel Erfolg bei den Bachelor- und Masterprüfungen! :-)
 


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